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Alles klar in Egypta! (2)

Unser Hotel gehört mit 230 Zimmern zu den kleineren Anlagen in Hurghada. Den sehnsüchtigen Blick meiner Begleitung, Frau L., beim Anblick der Super-duper-first-class Luxushütten ersticke ich im Keim mit dem Argument, dass mich das Personal dort niemals in meinen Nerdshirts in den Speisesaal lassen würde. Und dass ich in meinem wohlverdienten Urlaub keine Anstrengungen zu unternehmen gedenke, mich irgendwem oder irgendetwas anzupassen, schon gar nicht einem Ambiente, dass sich diametral konträr zu meinem Wohlfühlfaktor präsentiert.
„Hast ja recht“, sagt Frau L. mit einem winzigen Seufzer.
Sie wird schnell überzeugt, als uns die Belegschaft unseres unperfekten Urlaubsdomizils bereits nach drei Tagen kommentarlos Bier zum Dinner serviert. Und der Zimmerservice uns weitere kostenlose Wasserflaschen hinterlässt, als feststeht, dass uns die im Service inbegriffenen Getränke nicht reichen. Und der Barmann Frau L.’s Cappuccino zubereitet, sobald er von Ferne sieht, dass sie die Strandliege Richtung Bar verlässt. Grand Seas ist nicht in optima forma, dafür ist der Kuschelfaktor gigantisch.
Während in Deutschland der Winter mit Minusgraden noch einmal Fahrt aufnimmt, gammeln wir am Strand bei 25-28 Grad und hüpfen im 23 Grad warmen Meer herum. Störend sind nur die Strandverkäufer, die uns von Massagen, Pediküre und Schnorchelausflügen überzeugen wollen. Unaufgefordert fläzen sie sich am Fußende meiner Liege und bemühen sich sichtlich angestrengt, ihre Augen am Herumwandern zu hindern.
„Alles klar?“, grüßen sie und beantworten die Frage sogleich selbst: „Alles klar in Egypta!“
Mit einer roten Flagge, die wir auf Nachfrage vom Handtuchservice bekommen und weithin sichtbar in den Sand rammen, setzen wir den unliebsamen Besuchen ein Ende.
Beim Animationsteam erfreut sich Frau L. großer Beliebtheit, da sie fleißig die Yogastunden aufsucht und sich auch zu der ein oder anderen Stunde Bellydance, Bollywood oder Aquagymnastik überreden lässt. Das Einzige, was ich im Urlaub nicht benutzt haben werde, sind meine Ich-zeig-mal-guten-Willen-Sportklamotten. Trotzdem begleite ich Frau L. nur zu gerne, um dabei zuzusehen, wie Feriengäste aller Nationen jegliche Contenance und Schicklichkeit fallen lassen.
Rot geröstete Europäer, verzweifelt auf der Suche nach ihrer Mitte, drehen beim Bollywood nicht vorhandene Glühbirnen in unsichtbare Fassungen. Füße und Beine, Hände und Arme, an gegenläufige Koordination nicht gewöhnt, fuchteln in der Luft herum, als gelte es, die über uns kreisenden Möwen vom Himmel zu holen.
Zum Bauchtanz werden für die bebenden Wohlstandsbäuche kurzerhand zwei mit Münzen behängte Textildreiecke aneinander geknotet. Trotz des festgezurrten Stoffs, der markiert, welchen Körperteil es in Schwingung zu versetzen gilt, wollen weder isolierte Bewegungen noch das harmonische Zusammenspiel funktionieren. Die Groschen an den Tüchern hängen schlaff herab und unterlassen jegliches aufreizende Geklimper.
Nein, ich nehme mich keineswegs davon aus. Unbenutzte Sportsachen sind das Stichwort. Und als ich Frau L. meinen nagelneuen, baywatchroten Marilyn-Monroe-50er-Jahre-Schwimmdress präsentiere, sagt sie: „Ganz toller Bikini. Und die Beine reißen es wieder raus.“
Auf meine pikierte Frage, was denn die Beine wo rausreißen, schweigt Frau L. Sie lässt mich antwortlos stehen und winkt, ein wenig rotgesichtig, schon von Weitem dem Cappuccinomann.

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